Laut einer aktuellen Studie hat nur jeder Dritte Bahnreisende die passende BahnCard. Manche würden gänzlich ohne besser fahren.
Mehr als 4,5 Millionen BahnCards sind momentan im Umlauf. Das ist, gerade im Auto-verliebten Deutschland, beeindruckend.
Doch die Deutschen gelten halt auch als kühle Rechner. Und zumindest auf den ersten Blick scheint der Kauf des Plastik-Kärtleins ein lohnendes Geschäft: Immerhin zahlen BahnCard-Kunden für Zugreisen 25 bis 50 Prozent weniger als normal. Besitzer einer BahnCard 100 fahren sogar komplett gratis.
Wer dreimal von Frankfurt nach München und zurück reise, für den hätten sich die Anschaffungskosten der BahnCard 50 bereits amortisiert, rechnet die Bahn vor. Die günstigere BahnCard 25 lohne sich bereits bei zwei Fahrten.
Zwei bis drei längere Zugfahrten pro Jahr – das klingt nach wenig. Und dennoch scheinen viele Kunden ihre BahnCard nicht auszunutzen; sie machen also Verlust. Das behaupten zumindest drei Wissenschaftler der Universität Münster in einer aktuellen Studie.
Dr. Hendrik Schmale, Professor Dr. Thomas Ehrmann und Professor Dr. Alexander Dilger haben darin die Reisedaten von mehr als 80.000 Bahnkunden ausgewertet. Die anonymisierten Datensätze stammen aus den bahn.bonus- und bahn.comfort-Programmen des Logistik-Konzerns. Teilnehmer können darin ihre Ticketkäufe erfassen lassen, um so in den Genuss von Prämien oder Sonderkonditionen zu kommen.
Ergebnis: Zwei Drittel aller Kunden hatten eine zu teure BahnCard – sie wären also entweder mit einem kleineren Modell (also z.B. der BahnCard 25 statt der BahnCard 50) oder gänzlich ohne besser gefahren. Auf durchschnittlich 65 Euro beziffern die Münsteraner Forscher die Verluste dieser „Wenigfahrer“. Für das restliche Drittel lohnte sich das Rabattkärtchen mit dem roten Streifen allerdings umso deutlicher: Sie fuhren im Schnitt ein Plus von mehr als 140 Euro heraus.
Die Deutsche Bahn AG habe mit der Einführung der BahnCards eine gute Idee gehabt, resümieren die Autoren. Und zwar gleich in doppelter Hinsicht: Einerseits ermutigten die Rabatte mehr Menschen, auf die Schiene umzusteigen. „Andererseits wird der geringere Ticketpreis durch die Kosten der BahnCard mehr als ausgeglichen“, schreiben sie.
Die Bahn hält die Studie dagegen für wenig aussagekräftig. Die Stichprobe sei ungeeignet, um daraus allgemeine Schlüsse zu ziehen, betont eine Bahnsprecherin. Ein Grund: Das Sammeln der Fahrten ist freiwillig; Teilnehmer der Kundenprogramme müssen also bei jedem Ticketkauf aufs Neue entscheiden, ob sie die Fahrt erfassen lassen wollen oder nicht. Auch nehme längst nicht jeder Bahnkunde am Bonus- oder Comfort-Programm teil. „Damit liegt keine vollumfängliche Transparenz über die Nutzung der BahnCard vor.“
„Natürlich sind die Daten nicht optimal“, gibt Professor Alexander Dilger zu. „Wir wissen tatsächlich nicht, in welchem Umfang die Reisenden ihre Ticketkäufe angeben.“ Andererseits sei davon auszugehen, dass an den Kundenprogrammen vor allem Reisende teilnähmen, die besonders häufig mit dem Zug führen. Diese sollten eigentlich besonders von der BahnCard profitieren. „In diesem Fall würden wir in unserer Studie den Nutzen der BahnCard sogar noch überschätzen.“