Eine neue Studie zeigt einen überraschenden Zusammenhang zwischen Tanzqualität und Persönlichkeit: Männer, deren Tanz bei Frauen gut ankommt, sind demnach überdurchschnittlich pflichtbewusst und verständnisvoll. Sind gute Tänzer möglicherweise die besseren Väter?
Vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt. Etwa bei der australischen Springspinne mit dem schönen englischen Namen „Peacock spider“ (Pfauen-Spinne): Wenn ein Männchen das Herz seiner Angebeteten erobern möchte, winkt er ihr zunächst mit seinen beiden Hinterbeinen zu. Ist er ihrer Aufmerksamkeit sicher, stellt er schließlich seinen farbigen Leib auf und beginnt zu tanzen: von links nach rechts und wieder zurück, die Hinterbeine weit in die Höhe gestreckt. Dabei rückt er dem Weibchen langsam näher und näher. War seine Performance zu ihrer Zufriedenheit, gewährt sie ihm gnädig seine Gunst, und es kommt schließlich zur Paarung.
Biologen interpretieren derartige Balztänze unter anderem als Fitness-Signal. Ungeschickte oder wenig ausdauernde Tänzer haben demnach auf der Suche nach einer Sexualpartnerin schlechtere Karten. Auch beim Menschen scheinen Frauen gute Tänzer besonders anziehend zu finden. Ob sich dieser Zusammenhang auch auf die Partnerwahl auswirkt, ist allerdings noch offen.
Doch was macht einen guten Tänzer überhaupt aus? Der Göttinger Verhaltensforscher Bernhard Fink geht dieser Frage bereits seit einigen Jahren nach. Dabei hat er unter anderem festgestellt, dass Frauen beim Tanzen starke und dennoch variable Bewegungen des Oberkörpers attraktiv finden. Männer, die in dieser Hinsicht eine besonders kesse Sohle aufs Parkett bringen, signalisieren damit eventuell ebenfalls Gesundheit, Kraft und Ausdauer.
Darüber hinaus lässt der Tanzstil von Männern aber auch Rückschlüsse auf ihre Persönlichkeit zu. Zu dieser Folgerung kommt Fink zumindest in seiner jüngsten Studie, die soeben in der Zeitschrift „Personality and Individual Differences“ erschienen ist. Zusammen mit Kollegen von der englischen Northumbria University hat er darin insgesamt 48 Briten zum Vortanzen gebeten. Derweil zeichneten zwölf Kameras die Tänzer aus unterschiedlichen Blickwinkeln auf. Die Forscher erhielten so dreidimensionale Bewegungs-Daten, die sie auf eine computergenerierte Figur übertragen konnten. Im Vorfeld hatten die Teilnehmer zudem einen Persönlichkeitsfragebogen ausgefüllt.
Eine Jury aus 53 britischen Frauen beurteilte nun die tänzerischen Qualitäten des Computer-Avatars. Ergebnis: Die Tänze von pflichtbewussten, verständnisvollen und kooperativen Männern heimsten die besten Noten ein. „Man könnte argumentieren, dass diese Persönlichkeitsaspekte einen Partner charakterisieren, der sich besonders für eine langfristige Beziehung eignet“, interpretiert Bernhard Fink das Ergebnis. „Vielleicht gewinnen Frauen also aus der Art und Weise, wie Männer tanzen, wichtige Informationen für ihre Partnerwahl.“
Der Andechser Verhaltensforscher Wulf Schiefenhövel findet das Ergebnis auf den ersten Blick überraschend: „Mich wundert, dass hier der fürsorgliche Vater so attraktiv wirkt und nicht der Testosteron-gesteuerte Liebhaber“, sagt er. „In anderen Kulturen signalisieren Männer in ihren Tänzen vor allem Dominanz; sie transportieren mit ihren Bewegungen also ein ganz anderes Männerbild. Vielleicht wäre das Ergebnis anders ausgefallen, wenn die Jury aus italienischen oder südamerikanischen Frauen bestanden hätte.“
Fink sieht in dieser Frage ebenfalls noch Forschungsbedarf. Er will seine Studie daher im kommenden Jahr in Brasilien wiederholen. Anders als Schiefenhövel erwartet er dort in der Tendenz jedoch ganz ähnliche Resultate. Denn egal ob in der Machismo-Kultur Südamerikas oder in Deutschland oder England – Frauen stünden überall vor demselben Dilemma, sagt Fink: „Sie wünschen sich das Beste aus beiden Welten: Einerseits den starken, dominanten Mann, von dessen Genen der Nachwuchs profitiert. Andererseits aber auch den fürsorglichen und treuen Familienvater, der Ressourcen in die gemeinsame Aufzucht der Kinder steckt.“ Und Tänze scheinen beide Aspekte zu transportieren – ob die Männer es nun wollen oder nicht.
(erschienen im Tagesspiegel)