Schlafendes Gehirn nutzt Triple-Metronom, um zu lernen

Im Gehirn arbeiten verschiedene Taktgeber Hand in Hand (c) Sebastiano Rizzardo /Pixabay

Mechanismus ermöglicht es Hirnzellen, gemeinsam zu feuern, zeigt Studie der Universitäten Oxford und Bonn

Im Schlaf verfestigen sich die Erinnerungen an das, was wir tagsüber erlebt haben: Sie werden aus einem temporären Speicher ins Langzeitgedächtnis verfrachtet. Damit das klappt, müssen sich Neuronen in verschiedenen Teilen des Gehirns synchronisieren. Dazu nutzt unser Denkorgan eine Art „Super-Metronom“ aus drei verschiedenen Taktgebern. Wie diese zusammenarbeiten, zeigt eine aktuelle Studie der Universitäten Oxford und Bonn. Die Ergebnisse sind nun in der Zeitschrift Nature Neuroscience erschienen.

Auch in der Quantenwelt gilt ein Tempolimit

Kellner trägt ein Tablett mit Sekt (c) v.ivash/Freepik

Studie der Universität Bonn ermittelt minimale Zeit für komplexe Quanten-Operationen

Auch in der Welt der kleinsten Teilchen mit ihren besonderen Regeln können die Dinge nicht unendlich schnell ablaufen. Physiker der Universität Bonn haben nun gezeigt, welches Tempolimit für komplexe Quantenoperationen gilt. An der Studie waren auch Wissenschaftler vom US-amerikanischen MIT, den Universitäten Hamburg, Köln und Padua sowie dem Forschungszentrum Jülich beteiligt. Die Ergebnisse sind unter anderem für die Realisierung von Quantencomputern wichtig. Sie erscheinen in der renommierten Fachzeitschrift Physical Review X.

Forscher konstruieren pulsierenden Nanomotor

An der Universität Bonn entwickelte Maschine misst nur einen zehntausendstel Millimeter

Ein internationales Team von Wissenschaftlern unter Federführung der Universität Bonn hat einen neuartigen Nanomotor entwickelt. Er wird durch einen cleveren Mechanismus angetrieben und vollführt dabei pulsierende Bewegungen. Die Forscher planen nun, ihn mit einer Kupplung zu versehen und in komplexere Maschinen als Antrieb einzubauen. Ihre Ergebnisse erscheinen in der Zeitschrift Nature Nanotechnology.

Was man von Pac-Man-spielenden Computern lernen kann

Studie der Universität Augsburg zeigt, welche Informationen Anwendern helfen, die Qualität selbstlernender Algorithmen zu beurteilen

Selbstlernende Computerprogramme können heute enorm viel: das Wetter vorhersagen, Tumoren in Röntgenbildern entdecken, besser Schach spielen als jeder Mensch. Wie die Algorithmen ihre Schlüsse ziehen, wissen oft aber nicht einmal diejenigen, die sie programmiert haben. Forschende der Universität Augsburg und des Israel Institute of Technology (Technion) haben nun zwei Ansätze verglichen, diese „Blackbox“ etwas aufzuhellen. Die Studie zeigt, welche Informationen Anwendern helfen, die Qualität künstlich-intelligenter Verfahren zu beurteilen. Sie ist in der Zeitschrift Artificial Intelligence erschienen, einer der international renommiertesten Fachzeitschriften in der KI-Forschung.

Nervenzellen erkennen kleine Mengen besser als große

Studie der Universitäten Tübingen und Bonn findet Hinweise auf zwei getrennte Verarbeitungs-mechanismen

Wenn vor uns zwei, drei oder vier Äpfel liegen, erkennen wir ihre Anzahl sehr rasch. Sind es dagegen fünf oder mehr, benötigen wir deutlich länger und liegen häufiger daneben. Tatsächlich erfasst das Gehirn kleine Mengen wohl anders als große. Das belegt eine aktuelle Studie der Universität Tübingen und des Universitätsklinikums Bonn. Die Ergebnisse sind in der Zeitschrift Nature Human Behaviour erschienen.

Modernes Gehör, primitive Zähne

Studie unter Beteiligung der Uni Bonn analysiert ungewöhnliches Säugetier-Fossil aus Madagaskar

Ein internationales Forscherteam hat in der Zeitschrift „Nature“ ein Fossil aus Madagaskar beschrieben, das in Wissenschaftskreisen als Sensationsfund gilt. Die Studie zeigt, dass das Tier eine ungewöhnliche Kombination moderner und primitiver Merkmale aufwies. An der Analyse waren auch Paläontologen der Universität Bonn beteiligt.

Das Paradox der Gleichberechtigung

Frauen und Männer werden in vielen Ländern immer gleichberechtigter. Ähnlicher werden sie sich dennoch nicht. (c) Pixabay

Mit zunehmender Gleichstellung scheinen sich Frauen und Männer immer unähnlicher zu werden – in der Persönlichkeit ebenso wie in der Wahl des Studienfachs. Was steckt dahinter? Eine höchst umstrittene Frage.

Nicht jede wissenschaftliche Analyse erregt so viel Aufsehen wie die von Gijsbert Stoet und David Geary. Die beiden Wissenschaftler veröffentlichten 2018 in der Zeitschrift »Psychological Science« einen Fachartikel mit dem Titel »The Gender-Equality Paradox in Science, Technology, Engineering, and Mathematics Education«. Darin schilderten sie einen unerwarteten Befund. 

Die Psychologen hatten untersucht, in welchen Fächern Frauen und Männer zwischen 2012 und 2015 ein Studium abgeschlossen hatten. Sie stützten sich dabei auf Daten der UNESCO für fast 70 Nationen. Zusätzlich schauten sie sich an, wie es in jedem dieser Länder um die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern bestellt war. Als Anhaltspunkt dafür diente ihnen der Global Gender Gap Index (GGGI), in den Kriterien wie Einkommen, Lebenserwartung sowie der Zugang zu Bildung und politischen Ämtern eingehen.

Stoet und Geary berechneten nun, wie viele unter sämtlichen Absolventinnen eines Landes einen Abschluss in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften oder einem technischen Studiengang gemacht hatten. Diese so genannten MINT-Fächer gelten traditionell als Männerdomäne. Eigentlich sollte man daher erwarten, dass sich in einer Nation wie Algerien mit vergleichsweise patriarchalischen Strukturen Frauen eher selten für diese Karriere entscheiden – anders als etwa in Norwegen oder Finnland, die in Punkto Gleichberechtigung weltweit als Vorbild gelten.

Doch das Gegenteil war der Fall: Mehr als 40 Prozent aller Frauen, die in Algerien ein Studium abschlossen, taten das in einem der MINT-Fächer. In Norwegen waren es dagegen gerade einmal 20 Prozent, genau wie in Finnland, und Deutschland kam auf 27 Prozent. In der Gesamtschau ergab sich ein bemerkenswerter Trend: Je gleichberechtigter ein Land, desto seltener wählten Studentinnen dort Maschinenbau, Physik oder Informatik. Doch was ist der Grund für dieses »Paradox der Gleichberechtigung«, wie die Forscher ihre Beobachtung tauften?

(erschienen auf spektrum.de)

Mit Vollgas erwachsen?

Kinder, die starken psychischen Belastungen ausgesetzt sind, werden schneller erwachsen. (c) Ryan McGuire / Pixabay.com

Erleiden Kinder regelmäßig Gewalt oder andere Traumata, scheint sich ihr Gehirn schneller zu entwickeln. Was kurzfristig Vorteile bringen mag, verursacht aber auf lange Sicht Probleme.

Mit Erinnerungen ist es wie mit alten Fotografien: Mit der Zeit beginnen sie zu verblassen. Wir vergessen dann den Namen des alten Klassenkameraden und wissen nicht mehr genau, ob er eine Brille trug. Dennoch können wir uns oft erstaunliche Details aus der Vergangenheit vor Augen rufen, wenn wir nur tief genug im Gedächtnis kramen – die kratzige Hose, die wir zur Erstkommunion tragen mussten; die Leckereien in unserer Schultüte oder die Farbe unseres Ranzens.

Doch wenn wir im Album unseres Lebens weit genug zurückblättern, stoßen wir irgendwann auf Seiten, die vollständig leer sind. Wer erinnert sich noch an den ersten Tag im Kindergarten? Die Geburt der zwei Jahre jüngeren Schwester? Die ersten Schritte? Die Bilder aus unseren ersten drei oder vier Lebensjahren fehlen meist komplett. Sie wurden zwar ursprünglich eingeklebt (Kleinkinder können sich ja sehr wohl an vergangene Erlebnisse erinnern), dann aber offenbar wieder entfernt oder in irgendeinen Zettelkasten verbannt, in dem sie sich nicht wiederfinden lassen. In der Wissenschaft trägt das Phänomen den Namen Kindheitsamnesie.

Die Ursache dieses Gedächtnisschwunds ist noch nicht vollständig bekannt. Viele Forschende gehen aber davon aus, dass er etwas mit der Reifung des Gehirns zu tun hat. Wir Menschen sind übrigens nicht die einzige Spezies, die darunter leidet. Erwachsene Ratten, die in einem farblich gekennzeichneten Teil ihres Käfigs einen leichten Elektroschock erhalten, meiden diesen Bereich noch Wochen später. Junge Ratten haben das schmerzhafte Erlebnis dagegen nach kurzer Zeit vollständig vergessen.

Allerdings können traumatische Erfahrungen kurz nach der Geburt augenscheinlich dafür sorgen, dass die Jungtiere sich Erfahrungen fast so dauerhaft einprägen wie ausgewachsene Nager. In einem Experiment trennte die australische Psychologin Bridget Callaghan neugeborene Ratten drei Stunden täglich von ihrer Mutter, und das über einen Zeitraum von zwei Wochen. Die so gestressten Tiere zeigten später bei Elektroschock-Tests kaum Anzeichen der typischen Kindheitsamnesie. Ihr Gehirn verhielt sich diesbezüglich nun ähnlich wie das von erwachsenen Ratten – fast so, als wäre es schneller gereift.

(erschienen in Spektrum Gehirn und Geist)

Der Knuddelfaktor

Unser Gehirn verarbeitet niedliche Reize buchstäblich auf der Überholspur. (c) charlesdeluvio / Unsplash.com

Ob knuffige Tiere oder Kleinkinder: Niedliche Gesichter verändern die Signalverarbeitung im Gehirn und beruhigen sogar die Hände. Sie machen Menschen aber auch manipulierbar.

Das Spiel »Doktor Bibber« ist ein Klassiker. Seit den 1960er Jahren hat es in hunderttausenden Kinderzimmern einen Stammplatz. Ein Erfolg, zu dem sicher auch die einfachen Regeln beigetragen haben: Die Spielerinnen und Spieler müssen mit einer Pinzette Knochen, Organe oder Fremdkörper aus den Wunden eines Patienten aus Kunststoff entfernen. Allerdings benötigen sie dazu eine ruhige Hand. Berühren sie die Ränder der verletzten Stelle, ertönt ein Summton – die OP ist missglückt.

Nicht nur für Kinder ist das eine ziemliche Herausforderung. Dabei lässt sich die Feinmotorik womöglich mit einem simplen Trick entscheidend verbessern: Dazu muss man sich bloß vor dem chirurgischen Eingriff Fotos von Hundewelpen oder jungen Kätzchen ansehen. In diese Richtung deuten zumindest die Ergebnisse eines Experiments, das die US-Wissenschaftler Gary Sherman, Jonathan Haidt und James Coan vor einigen Jahren durchgeführt haben. Darin spielten Männer und Frauen zunächst eine Runde »Doktor Bibber« und bekamen danach Bilder süßer Tierbabys gezeigt. In einem zweiten Durchgang operierten sie daraufhin deutlich erfolgreicher. Waren auf den Fotos hingegen ausgewachsene Hunde und Katzen zu sehen, verbesserten sich die Versuchspersonen anschließend kaum.

Doch warum lässt der Anblick tapsiger Jungtiere Menschen präziser mit der Pinzette hantieren? Sherman und seine Kollegen vermuten, dass die Fotos den »Kümmerinstinkt« ansprechen. Gleichzeitig machen sie vorsichtiger, so dass man sich tatsächlich besser um ein zerbrechliches Wesen kümmern kann. »Die Zärtlichkeit, die durch etwas Niedliches ausgelöst wird, ist mehr als nur ein positiver Gefühlszustand«, schreiben die Forscher. »Sie kann Menschen buchstäblich zarter in ihren körperlichen Bewegungen machen.«

(erschienen auf Spektrum.de)

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